Elektrofachmann mit Ladengeschäft – Schmiedestr. 2 in Rethen
Der Elektrofachmann Karl Bollmann war mit seinem handwerklichen Können und seinem Ladengeschäft in der Zeit vom Anfang der 1920er Jahre bis 1955 allseits bekannt in Rethen.
Enkelsohn Heinrich Reinecke (Jahrgang 1937) berichtete von seinem Großvater mütterlicherseits Karl Bollmann, den er als eine besonders dynamische Persönlichkeit in Erinnerung hat. Während der Kriegs- und Nachkriegszeit sowie Soldatenzeit seines Vaters hat er mit seiner Mutter Louise Reinecke geb. Bollmann und seinen beiden Schwestern viel Zeit im Rethener Anwesen verbracht. Es ging ihnen besser als vielen anderen, denn die Großeltern Bollmann konnten alle gut versorgen. Karl Bollmann hatte nicht nur ein Elektro- und Installationsgeschäft, sondern hatte auf seinem Grundstück auch Obst und Gemüse sowie viele Nutztiere wie Schweine, Schafe, eine Ziege und jede Art von Geflügel. Er war in der Zeit der Lebensmittelkarten ein sogenannter Selbstversorger.
In seiner Militärzeit war Karl übrigens schon mit Lina geb. Linsel verheiratet und wohnte auch schon in Rethen. Nach der Heirat war das Paar erst nach Hannover gezogen. Sein Schwager, Elektroingenieur Karl Linsel, vermittelte ihm einen Arbeitsplatz als Elektromeister bei dem Energieversorger HASTRA im Werk Rethen[1]. Nebenbei machte Großvater Bollmann noch eine Ausbildung zum Installateur inclusive der Meisterprüfung.
In Rethen begann das neue Elektrizitätszeitalter im November 1897. Das im Steinfeld ab 1893 errichtete Dampfkraftwerk lieferte den ersten Strom für die Straßenbahnen. Aber auch die Rethener Häuser und Stallungen konnten elektrisches Licht erhalten, der natürlich bezahlt werden musste. Ab 1914 wurden dann auch die Straßen in Rethen beleuchtet.
1910 tritt Karl Bollmann dem Männer-Quartett-Rethen bei. 1950 wird er für seine 40jährige Mitgliedschaft geehrt. Gleichzeitig wird auch Heinrichs Vater Albert Reinecke für 25 Jahre Treue zum Männer-Quartett-Rethen geehrt.
Ende 1921 kaufte Karl von der Familie Hilliger nach einem Brand auf dem Anwesen das Grundstück Schmiedestr. 2 in Rethen. Aus dieser Schmiede – Familie Hilliger stammte übrigens Heinrichs Großmutter väterlicherseits, Oma Auguste. Sie hatte 1891 den Sattlermeister Friedrich Reinecke geheiratet, Vater Albert war das zweitjüngste von insgesamt sechs Kindern.
Karl Bollmann machte sich dann als Elektromeister selbständig. Was er im Laufe der Jahre an handwerklichen und geschäftlichen Aktivitäten dazu genommen hat, zeigt sich beispielsweise an der Anzeige in der Chronik des Männergesangverein Rethen (später Volkschor) aus dem Jahr 1931 mit „Karl Bollmann und Söhne“ überschrieben.
Bald beschäftigte er ständig mehrere Gesellen und Lehrlinge. Selbst die Schmiede wurde wieder betrieben. Heinrich berichtet, dass er selbst erlebt habe wie nach dem 2. Weltkrieg einfache Haushaltsgegenstände vom Opa hergestellt und im Ladengeschäft verkauft wurden. Sein größter Wunsch ging jedoch nicht in Erfüllung: Keiner seiner Söhne und der drei Enkelsöhne war bereit den Betrieb zu übernehmen.
Die Ladenräume entstanden übrigens in dem etwa 1929/1930 neu erstellten Anbau, der auch weitere Wohnräume enthielt. Für den Betrieb entstanden ein Kohlenschuppen und eine Garage. Das Haus bekam eine Zentralheizung sowie Bäder und Toiletten. Damals eine neuzeitliche Installation zumal die Nachbarn nur „Plumpsklos“ hatten. Bald war die Familie Bollmann mit inzwischen drei Kindern – Karl, Willi und Louise – anerkannt in Rethen und wegen des Wohlstandes waren sie wohl auch beneidete Mitbürger. In der Nachkriegszeit wurden in dem Haus für längere Zeit bis zu drei Familien geflüchteter und ausgebombter Menschen untergebracht.
1955 haben Bollmanns das Geschäft verpachtet und auf demselben Grundstück an der Hildesheimer Straße einen Neubau als Altersruhesitz errichten lassen, das heutige Grundstück Hildesheimer Str. 329 a. Später wurde das Geschäftsgrundstück abgetrennt und verkauft. Den Neubau bewohnten die Großeltern bis zu ihrem Tode. Im Februar 1959 starb mit 76 Jahren Großvater Karl und im Sommer 1967 folgte ihm Oma Lina mit 83 Jahren. Anschließend bezog Heinrichs Schwester Gunhild das Haus. Seit dem Jahr 2020 ist das Haus nicht mehr im Familienbesitz.
Fußnote
[1] Die HASTRA wurde am 30.4.1929 gegründet. Sie ging aus dem Geschäftszweig „Ueberlandwerke“ der „Ueberlandwerke und Straßenbahnen Hannover Aktiengesellschaft“ (ÜSTRA) hervor. Das Dampfkraftwerk Rethen wurde für die Straßenbahnen gebaut und war von 1897 bis Juni 1924 in Betrieb, danach war es Lager.